Ist ADHS in der Kindheit und bei Erwachsenen die selbe Krankheit?

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Nach wie vor wird behauptet, ADHS in der Kindheit würde sich in hohem Maße ins Erwachsenenalter übertragen. Sie könne sogar im Erwachsenenalter erstmals auftreten, ohne in der Kindheit entstanden zu sein. Im DSM 5 gibt es schon gar keine Alterseinschränkung mehr, so dass man bald wohl auch Senioren im Altersheim mit Ritalin etc. beglücken wird. Dass dies wieder einmal wissenschaftlich auf ganz schwachen Füßen steht, interessiert „Betroffene“, einige Kliniker und vor allem natürlich BigPharma nicht.

Die angeblich hohe Fortpflanzung von Kinder-ADHS ins Erwachsenenalter ließ sich inzwischen nicht klar belegen. Plener hat darüber im Ärzteblatt berichtet. Er fand z. B., dass 90 Prozent der Erwachsenen mit ADHS als Kind noch nicht erkrankt waren, umgekehrt hatten nur 5 Prozent derjenigen mit ADHS im Kindes- und Jugendalter die Erkrankung auch als 38-Jährige. Die Erwachsenen-ADHS war stattdessen sehr häufig mit Suchtmittelmissbrauch und anderen psychischen Störungen assoziiert, woraus er schließt, dass es sich jeweils um unterschiedliche Entitäten handelt.

Auch Moffit u. a. berichten über eine Prävalenz der Erwachsenen-ADHS von nur 6 % im Kindesalter (Dunedin-Studie). Was völlig unerwartet war, war, dass die ADHS-Gruppe im Kindesalter und die ADHS-Gruppe im Erwachsenenalter „praktisch nicht überlappende Gruppen umfassten; 90% der ADHS-Fälle bei Erwachsenen hatten keine ADHS in der Vorgeschichte. Ebenfalls unerwartet zeigte die erwachsene ADHS-Gruppe weder getestete neuropsychologische Defizite im Kindes- oder Erwachsenenalter noch ein polygenes Risiko für ADHS im Kindesalter. “

Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass ADHS bei Erwachsenen möglicherweise keine im Kindesalter auftretende neurologische Entwicklungsstörung ist. Eine Schlussfolgerung, die, wenn sie durch zusätzliche Beweise gestützt würde, unser Verständnis des ADHS-Konzepts revolutionieren würde.

Auch A. Apter hinterfragt, ob es sich bei der Kinder-ADHS und der Erwachsenen-ADHS um dieselben Entitäten handelt. Er bezieht sich auf eine Studie von Millenet u. a., die das Ergebnis von Moffit mit der relativen Unzuverlässigkeit von ADHS-Selbstbeschreibungen gegenüber Fremdbeurtelungen (Eltern) erklärt. Es könne irreführend sein, sich nur auf Selbstberichte der Versuchspersonen zu stützen.

Trotzdem findet Millenet, dass die Moffit-Ergebnisse für Männer zutreffen können, für Frauen aber nicht. Dies könne auf biologische, aber auch auf kulturelle Geschlechtsunterschiede, die sich in Selbstberichten widerspiegeln, zurückgehen.  Außerdem sind Unterschiede zwischen deutschen und neuseeländischen Versuchspersonen in der Toleranz von ADHS-Symptomen als Störvariablen denkbar.

Die Forschungslage ist also vollkommen unklar. Apter stellt denn auch (seufzend?) fest: „Das ultimative Ziel ist die Entwicklung einer objektiven, zuverlässigen und biologisch fundierten Klassifizierung von ADHS, ein Ziel, das leider schwer zu erreichen ist“.

Wir stimmen zu, ersetzen nur das Wörtchen „schwer“ mit „nie“.

Hans-Reinhard Schmidt

https://link.springer.com/article/10.1007/s00787-018-1176-2
https://adhskritik.com/2020/07/29/adhs-bei-erwachsenen/
https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Kinder-tragen-ADHS-nur-selten-ins-Erwachsenenalter-228655.html

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«Wir sind ein Zusammenschluss von namhaften Wissenschaftlern aus verschiedenen Disziplinen, die sich für eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema ADHS einsetzen.»

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«Unsere Vision ist es, die Öffentlichkeit zu ermächtigen, das gegenwärtige schulmedizinische ADHS-Konstrukt kritisch zu hinterfragen und damit der einseitigen Biologisierung kindlichen Verhaltens entgegenzuwirken».

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